Samenfestes Saatgut — der Schlüssel zur Erhaltung von alten und seltenen Gemüsesorten

Tüten mit samenfestem Saatgut. Foto: Lukas Günther
Tüten mit samenfestem Saatgut. Foto: Lukas Günther

Bald ist die Zeit gekommen, um im Garten die ersten Arbeiten durchzuführen. Ab Februar werden Böden und Beete vorbereitet, die ersten Sommerblumen ausgesät und Tomaten und Paprika werden angezogen.

Saatgut findet man meist zu Beginn des neuen Jahres im Supermarkt. Beliebt sind insbesondere Sorten wie Tomaten, Paprika, Kohlrabi, Gurken und Salate. Dabei ist den meisten wahrscheinlich nicht aufgefallen, dass hinter dem Sortennamen häufig die Bezeichnung „F1“ steht. Dies sind sogenannte Hybridsorten. Doch was genau bedeutet das eigentlich?

Fast alle Gemüsesorten, die wir kennen, kommen ursprünglich in der Natur so nicht vor. Durch einen Wildkohl ist zum Beispiel der sehr beliebte Grünkohl entstanden.

Doch wie entstehen solche Gemüsesorten und wann ist ein Saatgut “samenfest“? Eine Sorte wird als „samenfest“ bezeichnet, sobald die gewünschten Eigenschaften, wie beispielsweise Aussehen und Geschmack, konstant weitervererbt werden. Dies dauert in der Regel viele Jahre und bedarf einiger Planung. 

Dabei werden bei Neuzüchtungen Pflanzen ausgesucht, die dem gewünschten Ergebnis entsprechen. Damit keine Inzucht entsteht, werden immer Samen von mehreren Pflanzen gemischt. Dadurch werden die Sorten gleichmäßiger, es bleibt aber die Vielfalt in der Genetik erhalten und das ist in der Natur sehr wichtig. Die Pflanzen bleiben zwar anpassungsfähig allerdings gibt es innerhalb einer Sorte immer ein paar Pflanzen, die am jeweiligen Standort besser gedeihen als andere Pflanzen. Wird dies lange genug wiederholt, werden die Sorten immer stabiler und somit „samenfest“.

Die Züchtung von hybridem Saatgut entsteht hingegen durch das Kreuzen unterschiedlicher Sorten. Eine F1-Hybridsorte bezeichnet demnach die erste Generation der Nachkommen deutlich unterschiedlicher Elterntypen. In der Natur spricht man von einer wilden Mischung. In der Hybridzüchtung versucht man die Eigenschaften der Elterngeneration gezielt zu verbinden, ohne dass dabei zufällige Mischungen entstehen. Hybridzüchtungen sind besonders interessant für den kommerziellen Anbau, da dadurch hohe Erträge, planbare Ernten, kombinierbare Resistenzen, gleichmäßiger Wuchs und Reife möglich sind.

Die Sache hat aber einen Haken. Da sich die einzelnen Pflanzen genetisch so ähnlich sind, reagieren sie auch bei Problemen gleich. Leidet eine Pflanze, leiden alle. 

Dem Saatgut wird die Reproduktionsfähigkeit genommen, das heißt man kann hybrides Saatgut nicht mehr nachzüchten. Man ist darauf angewiesen, für jede Saison erneut Saatgut von der Industrie zu erwerben. Alte, seltene Sorten und Raritäten sterben aus!

Da sich das Saatgut nicht selbst vermehren lässt, werden nicht nur Hobbygärtner abhängig, sondern auch Landwirte. Sie müssen jedes Jahr neues Saatgut kaufen.

Die Vorteile für einen Kauf von samenfestem Saatgut sind demnach vielfältig. Größter Vorteil ist, dass man Saatgut von den eigenen Pflanzen wiederverwenden kann, um dieses im nächsten Jahr erneut auszusäen. Die Erträge sind dabei oft so hoch, dass man es sogar mit der Familie teilen kann.

Außerdem trägt man zur Erhaltung von Sorten bei, die es unter Umständen irgendwann nicht mehr geben könnte. Viele alte Sorten sind längst nicht nur vom Markt, sondern komplett verschwunden, da sie in der kommerziellen Landwirtschaft nicht genutzt und durch Hybride-Sorten ersetzt wurden. Diese Vielfalt ist gerade im Garten und im Hobbybereich wichtig, da sich samenfestes Saatgut im Laufe der Zeit ganz automatisch an den Garten anpasst. Es sind immer Pflanzen dabei, die besonders gut an einem Standort gedeihen. 

Sammelt man das Saatgut der „besten” Pflanzen und Früchte, züchtet man Pflanzen, die Jahr für Jahr immer besser an das jeweilige Klima, Boden und an die individuellen Vorlieben angepasst sind.

Hybridsaatgut ist nicht generell schlecht. Oft ist es vom Konsumenten so gewollt, da es finanziell nicht anders umsetzbar ist. Außerdem gibt es Hybridsorten, die es einfach nicht als samenfestes Saatgut gibt. Sicherlich ist es kein Problem, auch F1-Sorten anzubauen. Bereits der eigene Anbau von Gemüse ist ein großer Schritt in Richtung Natur. Solltest du jedoch Interesse an samenfestem Saatgut haben und von dem guten Geschmack und der großen Vielfalt an Sorten profitieren, dann ist auch für dich die samenfeste Variante eine gute Wahl.

Mit dem Kauf oder Anbau von Obst und Gemüse aus samenfestem Saatgut erhaltet ihr eine grosse Vielfalt, die sonst verloren geht. Wo ihr Anbieter*innen in eurem Umkreis findet, wisst ihr ja.

Autor: Lukas Günther, Eigengewächs

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